Reise nach Südpolen vom 18. bis 25. Mai 2013

Kantorei Ellwangen

 

Nach langer Planung und Vorbereitung war es am 18. Mai dann soweit: die Sängerinnen und Sänger der Kantorei Ellwangen konnten ihre Reise nach Polen antreten. Nicht alle Kantorei-Mitglieder konnten oder wollten an dieser Fahrt teilnehmen, und so konnten einige „Polenreisende“ ihre Partner mitnehmen, die sich während der Konzerte unter die polnischen Zuhörer mischten und nicht mit Applaus geizten.

Zu sehr früher Morgenstunde, traf sich die Reisegruppe, die Koffer wurden eingeladen, und gegen 4.15 Uhr fuhr der Bus in Ellwangen los. Die erste Pause war bei  Nürnberg, wo Jürgen Lang zustieg, der den Bus nach Polen und zurück fuhr, während der erste Fahrer nach Ellwangen zurückkehrte. In den ersten Stunden der Busfahrt war es noch sehr still, viele holten wohl den entgangenen Schlaf nach. Lebhafter wurde es erst beim Frühstück gegen neun Uhr, das im Bus stattfinden  musste, weil es draußen doch zu nass war. Brötchen wurden durchgereicht, Butter, Marmelade, Käse- und Wurstplatten, dazu Kaffee. Was will man mehr?

Weiter ging die Fahrt, teilweise im strömenden Regen, durch Tschechien, vorbei an Pilsen, Prag, Brünn. Das Wetter wurde zunehmend besser, die Sonne kam durch, und beim zweiten Frühstück  auf einem Parkplatz in der Nähe von Vyškov wurde Kaffee und sehr leckerer Kuchen im Freien serviert. Unterhaltung boten die Start- und Landemanöver auf dem kleinen Flugplatz gleich neben der Autobahn.

Quer durch Tschechien ging die Fahrt. Bei Česky Tĕšlin war die tschechisch-polnische Grenze erreicht. Einige Kilometer vor Wisła setzte sich ein Auto mit Aalener Kennzeichen vor den Bus. Es war der polnische Sängerkollege Jan Wehowsky, der den Aufenthalt der Kantorei hier bestens organisiert hatte und nun den Bus über eine Serpentinenstraße  hinauf ins „Hostel Krokus“ lotste. Das Hostel liegt wunderschön, inmitten großer alter Bäume und mit Blick auf die bewaldeten Berge der Beskiden. Es blieb gerade Zeit, die Zimmer zu beziehen, dann gab es schon Abendessen. An einer festlich weiß gedeckten langen Tafel wurde ein sehr gutes Essen serviert. Eine Überraschung wartete außerdem auf die deutschen Gäste: drei stimmgewaltige junge Männer in Tracht, mit Akkordeon, Violine und Kontrabass, die das Essen mit Volksmusik begleiteten.

Es war noch früh am Abend, und nach dem Essen war ein Spaziergang angesagt, entweder ein Stück den Berg hinauf oder hinunter in den Ort Wisła. Als es dann langsam dunkel wurde, klang der lange Tag bei einem „Feierabendbier“ in der Cafeteria des Hostels aus.

 

 

Sonntag, 19. Mai 2013 (Pfingstsonntag)

 

Nach dem Frühstück brachte der Bus die Sängerinnen und Sänger der Kantorei um 8.15 Uhr hinunter in den Ort zur evangelischen  Kirche, wo um 8.45 Uhr der Pfingstgottesdienst begann.  Von der Empore aus sang die Kantorei zwei Chorsätze aus ihrem Programm („Zieh ein zu deinen Toren“ und „Dies ist der Tag der Freuden“), nach dem Gottesdienst vom Chor aus noch den polnischen Chorsatz „Przyjdž Duchu Šwięty, den sie speziell für die Polenfahrt eingeübt hatte.

Nach dem Gottesdienst folgte eine Besichtigungstour rund um Wisła: die Skisprungschanze von Adam Małysz, des international bekannten Skispringers, der aus Wisła stammt; den Stausee Czerniaňskie, der idyllisch in den bewaldeten Bergen liegt; die Sommerresidenz des polnischen Präsidenten „Zameczek Prszydencki“, zu der sich der Bus über ein schmales, gewundenes Sträßchen hinaufkämpfte. Ein besonderes Vergnügen war die Fahrt mit dem Vierer-Sessellift hinauf zum Aussichtsberg „Barania Góra“, und ein paar Teilnehmer erreichten sogar in sehr sportlichem Tempo den Aussichtsturm auf 1220 m Höhe, von dem sich ein Rundumblick auf die schönen Waldberge der Beskiden bot.

Nach dem Mittagessen im Hotel war Zeit zur freien Verfügung, die viele zu einem Mittagsschläfchen nutzten. Kurz vor fünf Uhr brachte der Bus den Chor wieder hinunter zur evangelischen Kirche. Um 18 Uhr begann das Konzert. Danach hatte der polnische Kirchenchor im Pfarrgarten ein Fest für die deutschen Gäste vorbereitet Der Abend war sehr mild, es war eine Freude, zusammen mit dem polnischen Chor im Freien zu singen, und die Rühreier und Grillwürste schmeckten hervorragend. Als es kühler wurde, zogen sich alle unter ein großes Schutzdach zurück, und es wurden beim Singen erste Kontakte geknüpft. Erstaunlich viele der polnischen Sängerinnen und Sänger sprachen wenigstens ein paar Brocken deutsch, der Chor hatte vor Jahren auch schon Konzertreisen nach Deutschland gemacht, Einzelne waren auch schon im Urlaub in Deutschland gewesen. Ein Lied folgte auf das andere, mal deutsch, mal polnisch, mal zusammen in der jeweiligen Muttersprache.

Die Rückkehr ins Hotel gestaltete sich etwas abenteuerlich. Der Weg, der bei Tag so einfach aussah, war bei Dunkelheit nicht so leicht zu bewältigen, wobei nicht die vielen Treppenstufen zum Problem wurden, sondern der schmale Weg durch ein Wäldchen, der nicht viel besser als ein Bachbett war. Aber alle kamen heil im Hotel an, und weil der Abend so schön und lau war, saßen die meisten noch lange auf der Dachterrasse des Hotels zusammen.

 

 

Montag, 20. Mai 2013

 

Für diesen Tag war ein Besuch der alten polnischen Königsstadt Krakau vorgesehen. Nach dem Frühstück brachte der Bus die gut gelaunte Reisegruppe in die Weichselstadt, die die wenigsten schon einmal besucht hatten.

 

Die Stadtführerin, die sehr gut deutsch sprach, erwartete die Gruppe unterhalb des Wawel an der Weichsel. Erster Besichtigungspunkt war natürlich das ehemalige königliche Schloss mit seinem schönen Arkadenhof. Einem heftigen Gewitterschauer entging die Gruppe durch einen Besuch der Kathedrale.

Weiter ging die Führung über die Kanonicza mit schönen alten Häusern über den Maria-Magdalena-Platz zur St-Andreas-Kirche. Durch die Grodzka-Straße wurde schließlich der Rynek, der Marktplatz, erreicht, mit den Tuchhallen, den Markthallen der Stadt. Pünktlich zum Glockenspiel um drei Uhr versammelte sich die Gruppe im Innenhof der Jagiellonen-Universität . Danach gab es eine wohlverdiente Pause, die die meisten zur Einkehr in einem der vielen Lokale am Rynek nutzten.

Schutz vor dem nächsten heftigen Gewitterschauer bot die Marienkirche am Rynek, deren Hauptattraktion das Altarbild des Nürnberger Meisters Veit Stoß war. Dann ging es über die Floriańska-Straße bis zum Florianstor und zur Barbakane, dem letzten Rest der Stadtbefestigung. Diesen Weg, vom Florians-Tor bis zum Wawel, zogen früher die Könige zur Thronbesteigung durch die Stadt.

Durch die Grünanlagen, die Planty, die an der Stelle der früheren Stadtmauer gepflanzt worden waren, ging es zurück zum Bus und zum Hostel in Wisŀa, wo schon zum Abendessen gedeckt war. Nach dem Essen ergaben sich noch viele angeregte Gespräche bei dem einen oder anderen Bier.

 

 

Dienstag, 21. Mai 2013

 

Die Zeit in Wisŀa war leider schon vorbei. „Manager Jan“ Wehowsky und sein Schwiegersohn Thomas hatten alles bestens organisiert und  waren immer als Ansprechpartner zur Stelle, wodurch der Aufenthalt in Wisŀa zu einem durchweg positiven Erlebnis für die Sänger und Sängerinnen der Kantorei wurde.

Um halb zehn Uhr fuhr der Bus los, Richtung Breslau. Erster Halt war in Maŀujowice, Mollwitz, einen kleinen Weiler mit einer großen Backsteinkirche. Hier in Mollwitz war eine wichtige Schlacht zwischen Preußen und Habsburg gewesen, worüber auch eine Informationstafel in verschiedenen Sprachen berichtete. Über die Kirche, die so sehenswert sein sollte, gab es nur eine kleine Tafel auf polnisch. Als sich endlich jemand fand, der den Schlüssel zur Kirche hatte, war das Erstaunen und die Begeisterung groß: die ganze Kirche war innen mit Fresken ausgemalt, die biblische Szenen oder Gleichnisse darstellten. Selbst die Deckenbalken  waren bemalt mit Pflanzen- und Blumenmustern, dazwischen Tierdarstellungen. Keiner hätte vermutet, dass sich hinter den schmucklosen Backsteinmauern solch ein Kleinod verbarg.

Nächster Halt war in Brzeg (Brieg), wo das Schloss zu besichtigen war und man sich bei einem Rundgang durch das malerische Städtchen die Beine vertreten konnte.

Über Oŀawa (Opole) ging es weiter nach Breslau, ins Hotel Orbis. Nach dem Beziehen der Zimmer aß die Gruppe gemeinsam zu Abend, danach war noch Zeit für einen gemeinsamen Bummel ins malerische Stadtzentrum zum Rynek mit seinen wunderbaren Häusern und dem repräsentativen Rathaus mittendrin. Hier herrschte noch lebhaftes Treiben und jeder konnte sich nach Lust und Laune treiben lassen.

 

 

Mittwoch, 22. Mai 2013

 

Schon am vergangenen Abend hatte sich der Orgelsachverständige Andreas Busch aus Aalen zu der Reisegruppe aus Ellwangen gesellt. Er hatte dank seiner guten Kontakte zu Kirchengemeinden in der Umgebung zwei weitere Auftritte für die Kantorei organisiert und begleitete sie in den folgenden Tagen.

 

Nach einem opulenten Frühstück im Hotel fuhr der Bus mit den Sängern um halb neun Uhr los. Erstes Ziel an diesem Tag war die Friedenskirche in Jawor (Jauer). Die schlesischen Friedenskirchen wurden nach dem Westfälischen Frieden gebaut, als die protestantische Bevölkerung an das katholische Herrscherhaus Habsburg fiel. Der Kaiser genehmigte den Bau von fünf Friedenskirchen unter strengen Auflagen. Die Kirchen mussten innerhalb eines Jahres außerhalb der Stadt errichtet werden, es durfte nur vergängliches Material zu ihrem Bau verwendet werden (keine Steine oder Metall), Glocken waren ebenfalls verboten.

Von außen ähnelt die Friedenskirche in Jawor einer riesigen Scheune. Umso größer die Überraschung, wenn man das Kircheninnere betritt: eine riesige Halle mit vier Emporen übereinander, über und über bemalt mit biblischen Szenen. Sie bot bei den Gottesdiensten einigen tausend Gläubigen Platz. Die Reisegruppe kam aus dem Staunen kaum heraus.

Es folgte ein Spaziergang durch Jawor, zum Marktplatz mit seinen hübschen Bürgerhäusern und dem repräsentativen Rathaus mit seinem hohen Turm, der noch aus dem Mittelalter stammt.

Nächstes Ziel war Morawa (Muhrau), ein ehemaliger Gutshof, dessen deutsche Besitzer im Krieg ihr Anwesen verlassen mussten. Nach der Wende kam eine Tochter, dieser Familie, Melitta Sallai,  zurück, renovierte aus eigenen Kräften das Herrenhaus und gründete dort einen gemeinnützigen Kindergarten für bedürftige Kinder aus der Umgebung. Gleichzeitig werden dort Fremdenzimmer vermietet. Eines Tages soll der Pensionsbetrieb den Kindergarten finanzieren, ein Ziel, das noch nicht erreicht ist.

Hier in Morawa war schon ein großer Tisch festlich gedeckt für den Chor aus Ellwangen, und während des Essens setzte sich Frau Sallai dazu und erzählte aus ihrem bewegten Leben. Eine Führung durch Haus und Park rundete den  Besuch ab.

Über Stzegom (Striegau) ging es weiter nach Šwidnica (Schweidnitz), zur Besichtigung einer weiteren Friedenskirche, noch größer als die in Jawor. Das hübsche Städtchen, das früher für seine Brauereien berühmt war, lud zu einem Spaziergang ein.

In Pieszyce (Peterswaldau) fand dann um sechs Uhr das Chorkonzert statt, dessen Erlös der Orgelrenovierung zugute kam. Zuerst stellte die Kantorei wieder einmal ihre Flexibilität unter Beweis, als sich alle in Windeseile im Bus konzertfein machen mussten.  Die Gemeinde in Pieszyce lud die Sänger aus Deutschland nach dem Konzert in ein nettes Ausflugslokal ein zum Forellenessen. Erst spät kehrte die Gruppe nach Breslau zurück.

 

 

Donnerstag, 23. Mai 2013

 

An diesem Tag stand noch einmal ein Auftritt der Kantorei auf dem Programm, in Groß Wartenberg. Doch vorher gab es noch eine kleine Stadtrundfahrt durch Breslau unter Andreas Buschs fachkundiger Führung, vorbei an dem höchst eindrucksvollen, frisch renovierten  Hauptbahnhof im englischen Tudor-Stil, der mit seinen Türmchen und Zinnen wie ein Schloss wirkt.

Bei der Jahrhunderthalle wurde Halt gemacht. Durch die Gartenanlagen führte der Spaziergang bis zu der gewaltigen Kuppel der Jahrhunderthalle, die 1913 bei ihrer Eröffnung das größte freitragende Bauwerk der Welt war. Auch heute noch beeindrucken ihre riesigen Ausmaße.

In Oleśnica (Oels) gab es einen weiteren kurzen Aufenthalt, um einen Blick in die Schlosskirche und auf das Schloss zu werfen.

Am frühen Nachmittag kam die Ellwanger Gruppe dann in Syców (Groß Wartenberg) an. Im Pfarrhaus wurde sie freundlich aufgenommen und im Gemeindesaal waren Kaffee und Kuchen bereitgestellt. Es folgte eine Führung durch das Stadtmuseum und ein Spaziergang durch den ausgedehnten, neu gestalteten Schlosspark. Dann war es schon Zeit zum Umziehen. Das Konzert fand in der interessanten Rundkirche zum Hl. Johannes und Paulus statt Vor der Kantorei sang der Chor der Musikschule ein paar polnische Stücke.

Zum Abendessen lud die Kirchengemeinde die Kantorei in ein nahegelegenes Restaurant ein zum „pierogi“-Essen, sehr wohlschmeckende Teigtaschen mit den unterschiedlichsten Füllungen.

Gegen halb elf Uhr lud der Bus seine Fahrgäste in Breslau aus.

 

 

Freitag, 24. Mai 2013

 

Für den letzten Tag in Breslau war eine Stadtführung zu Fuß vorgesehen, damit der Busfahrer die vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten konnte. Der Breslau-Kenner Andreas Busch führte die Gruppe.

An der Oper, erbaut von C.F. Langhans,  vorbei ging es bis zum Rynek mit seinem prächtigen Rathaus, dann zur Elisabeth-Kirche. Es folgte die Universität mit der Jesuitenkirche. Höchst interessant war der Blick in die riesige Markthalle (Hala Targowa). Von dort ging es über die Weichsel zur Sandinsel und über eine kleine Brücke hinüber zur Dominsel mit der Kathedrale.

Zurück in die Stadt ging es über die Bastion, einen Teil der alten Stadtbefestigung, mit einer renovierungsbedürftigen Terrasse, dem Belvedere. Von dort zum Stadtbad im Jugendstil und zum ehemaligen Königsschloss. Zielpunkt der Führung war die Synagoge „Unter dem weißen Storch“, die ebenfalls von C.F. Langhans erbaut wurde.

Danach trennte sich die Gruppe, um die vielen weiteren Sehenswürdigkeiten Breslaus noch auf eigene Faust zu erkunden oder auch, um das Gesehene noch genauer zu besichtigen.

Im Hotel gab es noch ein gemeinsames Abendessen. Danach zog es die meisten noch einmal in die Stadt.

 

 

Samstag, 25. Mai 2013

 

Der Tag der Heimreise. Um halb neun saßen wieder alle im Bus. Auf der Autobahn A4 war relativ rasch die polnisch-deutsche Grenze bei Görlitz erreicht. Nach einer Pause auf einem Rastplatz ging es weiter, an Dresden vorbei, über Chemnitz, Hof, Bayreuth und Nürnberg nach Ellwangen, wo der Bus gegen fünf Uhr ankam und seine Fahrgäste sich verabschiedeten.

Dank der vielen helfenden Hände in Deutschland und in Polen, der rührigen Organisatoren, „Manager Jan“ und seinem Schwiegersohn Thomas, Andreas Busch mit seinen umfassenden Kenntnissen und nicht zuletzt dank eines immer freundlichen und ruhigen Busfahrer Jürgen Lang wird diese Reise und die Tage in Polen wohl allen Teilnehmern in bester Erinnerung bleiben.